Bewertung des

Bewertung des Fruktangehaltes von Deutschen Weidelgrassorten

Fruktan ist ein Zucker, der bei Pferden Hufrehe auslösen kann, wenn er in hohen Konzentrationen im Futter vorliegt. Zwar wird Fruktan im Silierprozess weitgehend zu Milchsäure umgewandelt, jedoch steht dieser Weg nur wenigen Pferdehaltern offen. Einerseits ist Weidegang für das Pferd wichtig, so dass sich die Aufnahme von Weidegras praktisch nicht vollständig unterbinden lässt. Ferner sind die Herden oft so klein, dass für die Bereitung von Graskonserven die Trocknung, sprich Heuerzeugung, als einziges Verfahren durchführbar ist. 
Die Grasart, die hauptsächlich verantwortlich ist für die Höhe des Fruktangehaltes, ist das Deutsche Weidelgras. Damit stellt sich die Frage, ob es Sorten gibt, die mehr für Grünland für Pferde geeignet sind als andere. 

Um einerseits dieser Frage nachzugehen, aber auch ein Bewertungssystem zu schaffen, wurden im Rahmen der Landessortenversuche (LSV) zweier Jahre an zwei Standorten die Fruktangehalte von Deutschen Weidelgrassorten auf ihren Fruktangehalt untersucht.

Die Beerntung der einzelnen Reifegruppen erfolgte reifespezifisch im Ähren-Rispenschieben, d.h., zuerst wurden die frühen Sorten geerntet, entsprechend später die mittleren und ganz spät die späten Sorten.

Tabelle 1 zeigt die Ergebnisse für die beiden Standorte im Mittel der beiden Jahre. Es fällt zunächst auf, dass sich das Niveau der Fruktangehalte an den beiden Standorten mehr als deutlich unterscheidet. Die Fruktangehalte nehmen jedoch erwartungsgemäß an beiden Standorten vom ersten zum dritten Schnitt hin deutlich ab. Weniger stark ausgeprägt, aber dennoch vorhanden sind die Unterschiede zwischen den Sorten, während zwischen den Reifegruppen – bezogen auf die Mittelwerte – keine nennenswerten Unterschiede bestehen. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Aussagekraft der 3 frühen Sorten für das gesamte frühe Sortiment sicherlich eine ganz andere ist als die der 18 mittleren Sorten für das gesamte mittlere Sortiment. Eine grundsätzlich stärkere oder geringere Eignung der einen oder anderen Reifegruppe lässt sich aus diesen wenigen Daten nicht ableiten. Schließlich ist noch festzustellen, dass sich die Sorten hinsichtlich des Fruktangehaltes zwischen den Standorten nicht grundsätzlich unterscheiden, also z.B. einmal den höchsten und einmal den geringsten Fruktangehalt aufweisen. Dies spricht durchaus dafür, dass der Fruktangehalt eine Sorteneigenschaft ist, wenn auch keine absolute, sondern eine relative im Sinne von hoch, mittel, gering.

Jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass keine der geprüften Sorten in allen Schnitten sowie in beiden Jahren unter dem geforderten Grenzwert von 5 % Fruktan i.d. TM geblieben ist. D.h., selbst bei Grünlandbeständen mit fruktenarmen Sorten des Deutschen Weidelgrases am Standort B, müssen die üblichen Maßnahmen zur Vermeidung der fütterungsbedingten Hufrehe unbedingt eingehalten werden. Diesbezüglich kann die Wahl fruktanarmer Sorten das Problem zwar entschärfen, nicht jedoch lösen.

Die Spanne zwischen den Sorten mit dem höchsten und geringsten Fruktangehalt beträgt im 1. Schnitt am Standort A 10,9 % i.d.TM, am Standort B 4,5 % i.d. TM. Relativ erreicht die fruktanärmste Sorte zum 1. Schnitt am Standort A 56 % und am Standort B gar nur 51 % des Fruktangehaltes der fruktanreichsten Sorte. Daraus lässt sich schließen, dass die Zucht fruktanarmer Sorten des Deutschen Weidelgrases mit Erfolg möglich sein müsste.

Tabelle 1: Fruktangehalte von Deutschen Weidelgrassorten (LSV) an zwei Standorten im Mittel zweier Jahre (Download, siehe unten)

In Tabelle 2 sind die Fruktangehalte in den beiden Versuchsjahren gemittelt über beide Standorte aufgeführt. Beide Jahre unterscheiden sich nur gering, während die grundsätzlich für die beiden Standorte genannten Zusammenhänge, wie der vom 1. zum 3. Schnitt abnehmende Fruktangehalt oder der großen Spanne der Fruktangehalte, deutlich erkennbar sind.

Tabelle 2: Fruktangehalte von Deutschen Weidelgrassorten (LSV) in zwei Jahren im Mittel zweier Standorte (Download, siehe unten)

Eine Sortenbewertung im Rahmen von Landessortenversuchen erfolgt immer anhand der über den Versuchszeitraum von in der Regel 3 Jahren sowie über alle Versuchsstandorte gemittelten Daten, ähnlich, wie sie in der Tabelle 3 aufgeführt sind. Dies ist auch der Grund, weshalb hier nur das Verfahren als solches erläutert wird, jedoch ohne Nennung von Namen, Orten und Jahren. Dies ist für einen späteren Zeitpunkt vorgesehen, wenn das vorliegende Datenmaterial dies zulässt.

Aufgrund der bisherigen Ausführungen zum Fruktangehalt dürfte eine boniturmäßige Bewertung angemessen sein, bei der lediglich eine Aussage darüber gemacht wird, ob die Fruktangehalte über, im oder unter dem Durchschnitt liegen. Zunächst war festzulegen, welcher Schwankungsbereich den Durchschnitt markiert. Die zulässige Messtoleranz für Zucker beträgt 0,5 %, so dass der Schwankungsbereich größer als +/- 0,5 % sein muss. Weiterhin ist zu beachten, dass ein enger Schwankungsbereich viele und ein weiter wenige über- und unterdurchschnittliche Sorten ausweist. Im vorliegenden Fall wurde der Bereich +/- 1,0 % um den Mittelwert als Durchschnitt gewählt, Sorten, die einen geringeren Fruktangehalt aufwiesen wurden positiv, solche mit einem höheren Fruktangehalt negativ bewertet.

Es stellte sich jedoch die Frage, ob als Bezug der Mittelwert der jeweiligen Reifegruppe oder der des gesamten Prüfsortimentes herangezogen werden sollte. Wie aus Tabelle 3 ersichtlich ist, ist der Mittelwert des gesamten Prüfsortimentes in der Regel der geeignete Maßstab. Dies wird besonders deutlich bei den drei Sorten der frühen Reifegruppe, die bei Zugrundelegung des Mittelwertes der Reifegruppe alle durchschnittlich sind, während in Bezug auf den Mittelwert des Gesamtsortimentes doch Unterschiede erkennbar sind. Diese Vorgehensweise ist auch deshalb sinnvoll, weil in Grünlandbeständen für gewöhnlich nicht nur eine Reifegruppe des Deutschen Weidelgrases vertreten ist. Dennoch macht es natürlich Sinn, im Zweifelsfalle auch die Bewertung anhand des Mittelwertes der Reifegruppe zu betrachten, um zu einem Urteil zu gelangen.

Schließlich fällt auf, dass einerseits der erste Aufwuchs und andererseits alle Aufwüchse bewertet wurden. Dieses ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass der erste Aufwuchs die höchsten Fruktangehalte aufweist und sowohl bezüglich der Beweidung als auch der Winterfutterkonservierung eine besondere Bedeutung hat.

Tabelle 3: Fruktangehalte von Deutschen Weidelgrassorten (LSV) im Mittel zweier Standorte und zweier Jahre (Download, siehe unten)

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fruktangehalt eine Sorteneigenschaft ist, die sich allerdings entsprechend der Gegebenheiten am jeweiligen Standort relativ äußert. Aus diesem Grunde lässt sich zwar eine boniturmäßige Bewertung des Fruktangehaltes durchführen, allerdings müssen die üblichen Maßnahmen zur Vermeidung der fütterungsbedingten Hufrehe auch bei einer positiven Bewertung unbedingt eingehalten werden.