Düngung mit Gärresten zu Zuckerrüben
Gärreste aus Biogasanlagen stellen eine interessante Alternative zu den klassischen Mineraldüngern dar. Dies gilt besonders für Regionen, in denen in den letzten Jahrzehnten kaum noch wirtschaftseigene Düngemittel zum Einsatz kamen.
Gärreste enthalten je nach Trockensubstanzgehalt einen hohen Anteil an organisch fixiertem Stickstoff. Dieser wird, ähnlich dem Mist, durch zersetzende Mikroorganismen zu Ammonium umgesetzt. Nach der Nitrifikation durch Bakterien (Nitrosomonas, Nitrobacter) steht es den Pflanzen als Nitrat zur Verfügung.
Den aus organischen Verbindungen mineralisierten Stickstoff können vor allem Kulturen mit einer langen Vegetationsdauer, wie z.B. Zuckerrüben und Mais, gut nutzen. Die Ausbringung sollte unter Berücksichtigung der Düngeverordnung im zeitigen Frühjahr geschehen. Niedrige Temperaturen verringern die gasförmigen N-Verluste und nicht verschlämmte Böden sorgen für eine schnelle Infiltration. Da die Nährstoffgehalte im Gärrest je nach Substrat und Anlage sehr stark schwanken (Tab. 1), sollte vor der Ausbringung eine Nährstoffanalyse erfolgen. Davon abhängig kann die mineralische Ergänzungsdüngung variieren, um eine bedarfsgerechte Versorgung des Bestandes zu gewährleisten.
Tabelle 1: Nährstoffspannen und Mittelwerte von Gärresten aus mehrjährigen Gärrestanalysen
Substrat | TM | pH | Ngesamt | NH4-N | P2O5 | K2O | MgO | CaO | S |
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
% | kg / t FM | ||||||||
Gülle (min - max) | 5,1 - 10,2 | 3,2 - 7,9 | 1,4 - 4,6 | 1,2 - 3,7 | 2,0 - 7,1 | 0,5 - 1,3 | 1,2 - 3,5 | 0,3 - 0,6 | |
Mittelwert | 7,8 | 7,4 | 4,8 | 2,2 | 1,9 | 4,8 | 0,8 | 2,0 | 0,4 |
NaWaRo (min - max) | 5,3 - 5,9 | 2,4 - 7,5 | 1,5 - 3,5 | 0,8 - 3,4 | 3,4 - 6,6 | 0,2 - 1,1 | 1,3 - 1,8 | 0,2 - 0,4 | |
Mittelwert | 5,5 | 8,3 | 4,4 | 2,0 | 1,7 | 4,8 | 0,6 | 1,6 | 0,3 |
Bioabfall (Mittelwert) | 6,3 | 8,2 | 4,5 | 2,7 | 1,8 | 4,2 | 0,6 | 2,0 | 0,3 |
Kofermentation (Mittelwert) | 4,6 | 3,8 | 2,9 | 1,3 | 1,8 | 0,2 | 5,8 | 0,3 |
Neben der Nährstoffversorgung hat der Gärrest eine positive Wirkung auf das Bodenleben.
Zu Zuckerrüben bietet sich der Einsatz von Gärresten aus Biogasanlagen zur Düngung im Frühjahr an. Zu beachten ist, dass Gärreste - ebenso wie andere organische Düngemittel - auf unbestelltem Ackerland unverzüglich binnen 4 Stunden eingearbeitet werden müssen (s. Düngeverordnung).
Um Kenntnisse zur Wirkung der Gärrestdüngung auf Ertrag und Qualität bei Zuckerrüben zu gewinnen, wurden in den vergangenen 2 Jahren an mehreren Standorten im Gebiet der Landwirtschaftskammer Niedersachsen in Zusammenarbeit mit der ARGE NORD Versuche durchgeführt.
Im Jahr 2010 wurden Exaktversuche mit kombinierter mineralischer N-Steigerung angelegt. Hierzu wurde kurz vor der Aussaat der Zuckerrüben mit konventioneller Technik Gärrest ausgebracht und eingearbeitet. Je nach Standort erfolgte noch ein Arbeitsgang zur Saatbettbearbeitung. Zum Einsatz kamen 20 m³ Gärrest/ha. Es wurde bei den Zuckerrüben von der Annahme ausgegangen, dass 70 % des enthaltenen Gesamtstickstoffs (Nitrat-, Ammonium- und organisch gebundener Stickstoff) im Ausbringungsjahr pflanzenverfügbar sind. Bei gemessenen N-Gehalten im Gärrest in Höhe von 5 kg / m³ wurden also 70 kg N / ha als pflanzenverfügbar angerechnet. Hinzu kamen Nmin-Werte von 45 kg N / ha in Hamerstorf und 55 kg N / ha in Machtsum. Auf die Gärrestgabe wurden verschiedene Stufen (30, 60, 90 kg N / ha) mineralischen Stickstoffs in Form von KAS gedüngt.
Die Versuchsergebnisse (Abb. 1) zeigen, dass in 2010 mit alleiniger Gärrestgabe bereits das Optimum im bereinigten Zuckerertrag (BZE) erreicht wurde. Mit einer Gärrestgabe von 20 m³ und einer Stickstoffmenge von 100 kg / ha (angerechnet wurden 70 kg / ha) wurden die ZR in diesem Versuch also schon ausreichend mit N versorgt, eine Ergänzung mit Mineraldünger war nicht nötig. Eine weitere Steigerung des BZE war aufgrund des sinkenden Zuckergehaltes und der steigenden alpha-Amino-N-Werte nicht möglich. Anders sieht es bei dem TS-Ertrag aus. Aussagen über die Wirkung im Vergleich zu mineralischem Stickstoff konnten nicht getroffen werden, da es keine ungedüngte Variante in diesem Versuch gab. Ob die Anrechenbarkeit von 70 % richtig war, konnte in diesem Versuch also nicht geprüft werden.
Abbildung 1: Ergebnisse Gärrestversuch in Zuckerrüben 2010, Mittel über zwei Standorte(Machtsum, Hamerstorf; 100 % = 910 dt FM / ha bzw. 226 dt TM / ha bzw. 151 dt BZE / ha)
Aus diesem Grunde wurde die Versuchserie 2011 um Varianten ohne Gärrest erweitert. Es wurde mit Gärrestmengen in Höhe von 15, 30 und 40 m³ / ha gearbeitet die mit mineralischen Zusatzgaben in Höhe von 0, 40, 70 und 100 kg N / ha als KAS ergänzt wurden.
Die Versuche fanden auf drei unterschiedlichen Standorten statt: Hamerstorf im Uelzener Becken, Großenrode im Kreis Northeim und Werlte im Emsland. Im Folgenden werden die Ergebnisse aus Hamerstorf dargestellt, da hier die Ertragswirkungen am deutlichsten waren.
Die leichten Böden im Uelzener Becken bieten für den Einsatz von Gärrest zur Zuckerrübe beste Vorraussetzungen. Sie lassen sich leicht bearbeiten und erwärmen sich Frühjahr schnell. Die Fläche am Standort Hamerstorf ist mit 33 Bodenpunkten bonitiert, als Bodenart liegt ein schwach humoser lehmiger Sand vor. Die Fläche hat keine langjährige organische Düngung erhalten. Der Nmin-Wert lag 2011 bei lediglich 13 kg N / ha. Da der Standort eine schlechte Grundnährstoffversorgung aufwies, wurde vor der Aussaat 10 dt / ha eines PK-Düngers 10/20 gestreut, um eine Ertragswirkung der zusätzlichen Nährstofffrachten aus dem Gärrest gegenüber der Variante ohne Gärrest zu vermeiden.
Die Einarbeitung des Gärrestes erfolgte zugleich mit der Saatbettbearbeitung zur Zuckerrübenaussaat. Trotz des trockenen Frühjahrs war ein deutlicher Wachstumsvorsprung der mit Gärrest gedüngten Varianten zu verzeichnen. Dies konnte man bis zum Reihenschluss beobachten, der in diesen Varianten auch deutlich früher erfolgte als in den rein mineralisch gedüngten. Trotz des trockenen Frühjahrs wurde die Fläche nur einmal zum Reihenschluss mit 30 mm beregnet.
Gärrestmenge | TM | Ngesamt | NH4-N | Nverfügbar* | P2O5 | K2O | MgO | CaO | S |
m³ / ha | % | kg / ha | |||||||
15 | 7,53 | 80,1 | 44,9 | 56,1 | 46,7 | 70,2 | 17,9 | 50,1 | 5,9 |
30 | 7,53 | 160,2 | 89,7 | 112,1 | 93,3 | 140,4 | 35,7 | 100,2 | 11,7 |
Die Gärrestdüngung führte zu deutlichen Ertragssteigerungen (Abb. 2). Ein negativer Einfluss auf die Qualität der Rüben konnte nicht festgestellt werden. Zur Absicherung des Ertrages war eine mineralische N-Gabe bei der 15 m³-Variante in Höhe von 100 kg N / ha und bei der 30 m³-Variante in Höhe von 70 kg N / ha erforderlich. Erwartungsgemäß stieg der alpha-Amino-N-Gehalt bei steigendem N-Angebot zwar an, doch in einer vertretbaren Größenordnung. Für die 15 m³-Variante bestätigt sich die 70 %-ige Anrechenbarkeit des Stickstoffs im Gärrest.
Abbildung 2:Gärrestdüngung zu Zuckerrüben am Standort Hamerstorf 2011(100% = 397 dt FM / ha bzw. 100 dt TM / ha bzw. 68,4 dt BZE / ha)
An zwei weiteren Versuchsstandorten, in Großenrode bei Northeim auf tonigem Schluff und in Werlte im Emsland auf einer langjährig organisch gedüngten Fläche konnten in 2011 ebenfalls - wenn auch geringere - Ertragsteigerungen durch eine Gärrestdüngung herbeigeführt werden. Das kann verschiedene Ursachen haben. Wie bereits bereits erläutert, ist die Gärrestwirkung stark witterungsabhängig.
Verflüchtigungen von Ammoniak sind ebenso möglich wie ggf. Immobilisierung von Stickstoff im Boden bei der Umsetzung der organischen Masse oder an Tonteilchen. Für den Standort Werlte kommt ein ohnehin sehr hohes Ertragsniveau zum Tragen, das offensichtlich durch steigendes N-Angebot nicht mehr zu übertreffen war. Bereits ohne N-Düngung wurde ein optimaler Ertrag erzielt. Durch die lange Vegetationszeit kann die Zuckerrübe den angebotenen Stickstoff sehr gut ausnutzen. Dies zeigt sich auch an den erfreulich geringen Nmin-Gehalten im Boden, die nach der Ernte gemessen wurden (Abb. 3).
Abbildung 3: Rest-Nmin-Gehalte nach Zuckerrüben, Hamerstorf 2011
In der flüssigen Phase von separierten Gärresten liegt ein Großteil des Stickstoffs bereits als Ammonium-N vor. Dieser ist wesentlich verlustgefährdeter als jener in Güllen aus der Tierhaltung, weil Gärreste nach der Vergärung höhere pH-Werte haben. Ab einem pH-Wert von 7 nimmt die Ammoniak-Entgasung deutlich zu, Gärreste haben mitunter auch noch höhere pH-Werte. Wichtig ist es daher, auf eine möglichst verlustarme Ausbringung zu achten, z.B. durch den Einsatz bodennaher Ausbringungstechnik oder, sofern die Befahrbarkeit gegeben ist, durch Gülleausbringung in den Regen bzw. bei Regen, jeweils in Verbindung mit zügiger Einarbeitung in die Ackerkrume.
Zusammenfassung
Die Düngung mit Gärresten zu Zuckerrüben stellt eine interessante Alternative zur rein mineralischen Düngung dar. Sie bietet sich aufgrund der langen Vegetationszeit besonders an. Allerdings scheint die Verfügbarkeit des vorhandenen Stickstoffs stark jahres- und witterungsabhängig zu sein. Eine Ergänzung des zum Sollwert-Angebot fehlenden Stickstoffs durch Mineraldünger ist erforderlich. Die anzurechnende Stickstoffmenge liegt für Zuckerrüben nach derzeitigem Kenntnisstand bei ca. 70 %. In der Düngeplanung müssen auch die vorhandenen Phosphor- und Kaliumgehalte berücksichtigt werden. Sie tragen ebenfalls dazu bei, die Kosten für die mineralische Düngung zu senken. Besonders aufgrund der starken witterungsabhängigen Wirksamkeit werden die Versuchsserien fortgesetzt, um zu noch belastbareren und detaillierteren Aussagen zu kommen.
Jens Kniekeund Annette Hoffmann, Landwirtschaftskammer Niedersachsen