Das Geschäft mit den Schafen

Das Geschäft mit den Schafen

Tom Atkins, der in vierter Generation in Oparau die Farm seiner Eltern auf 450 m über NN bewirtschaftet, erzielt sein Einkommen mit Zucht- und Fleischbullen sowie 1.000 Mutterschafen (überwiegend der Rasse Romney). Wie auf allen Schaffarmen sind die wichtigsten Arbeitstiere die Hunde. Ein gut ausgebildeter Neuseeländischer Huntaway kostet schnell mal 3.000 Dollar. Auf den größten Schaffarmen, die wir besucht haben, sind zehn bis 15 Hunde im Einsatz. Sie treiben die Schafe aus dem Hochland zusammen und sortieren sie vor dem Scherschuppen in Gruppen, alleine gesteuert durch die Pfeifsignale der Farmer. Schäfer und Hunde sind ein eingespieltes Team.

 

Abbildung 1 Schaf- und Bullenzüchter Tom Atkins (l).

Abbildung 1 Schaf- und Bullenzüchter Tom Atkins (l).

Zweitwichtigste Mitarbeiter sind die Wollsortierer. Während die Contract-Scherer, die von Farm  zu Farm ziehen, die 1.000 Schafe scheren, stehen Mitarbeitet vorne an der Rampe und sortieren die Wolle in feine und weniger feine Partien. Die Wolle ist rauh  und eher für Teppiche und Tennisbälle geeignet als für Kleidung. Je besser die Wolle sortiert ist, umso eher bleibt bei dieser Rechnung Scherlohn/Wollpreis etwas unter dem Strich übrig. Trotzdem ist die Schur wichtig, um die Schafe frei von Parasiten (z.B. Dasselfliegen) zu halten. Viele Schafe in Neuseeland werden zweimal im Jahr geschoren (Dezember und Mai/Juni um den 70. bis 100. Trächtigkeitstag). Geschorene Schafe fressen besser, lautet eine Begründung. Die Winterschur soll verhindert, dass sich die Wolle bei Regen zu sehr mit Wasser vollsaugt.

 

Abbildung 2 Tom Atkins bei der Arbeit. Die Scherarbeiten werden oft durch Schertrupps erledigt.

Abbildung 2 Tom Atkins bei der Arbeit. Die Scherarbeiten werden oft durch Schertrupps erledigt.

Feinere Wolle produzieren die Merinoschafe. Diese sieht man im Hochland, wo sie finden, was sie brauchen: kältere Witterung und weniger Feuchtigkeit. Ihre Wolle ist so fein, dass sie bis zu 80 Dollar pro Schaf bringt. Überall in Neuseeland können Strickwaren aus Merinowolle, teils mit Possumfell veredelt, gekauft werden. Das Possum ist ein eingeschlepptes Beuteltier, das intensiv bejagt, aber leider auch  durch vom Hubschrauber abgeworfene Pellets vergiftet wird. 1950 hatte die Schafwolle noch einen Anteil von 50 % an den landwirtschaftlichen Exporten Neuseelands. Heute dominiert weltweit die Synthetikfaser. Seit 1978 ist der neuseeländische Schafbestand deshalb von 83 Mio. auf 23 Mio. Tiere gesunken. 

Die Mutterschafe müssen auf Grasbasis ihre Lämmer aufziehen. Diese sollen mit vier Monaten Schlachtreife erreichen. Deshalb sieht man Schafe mit ihren Lämmern im November oft mit großer Stückzahl auf ertragreichen Paddocks in der Ebene. Am Haken hat das typische Neuseeland-Lamm 17/18 kg Schlachtgewicht. Neben der Futtergrundlage ist der eingesetzte Fleischbock (oft Suffolk-Kreuzungen) wichtig für das Schlachtgewicht. Als bester Preis pro kg Schlachtgewicht wurden uns 8 Dollar genannt. Normal seien 6 bis 7 Dollar/kg.

Die Mutterschafe werden acht/neun Monate lang mit einer Besatzstärke von acht Schafen je Hektar auf Gras gehalten. Wer Acker hat, lässt die tragenden Schafe auch auf Markstammkohl oder Rapsflächen weiden. Sie werden zweimal im Jahr entwurmt und gegen Dasselfliege und Läuse behandelt. Die Lämmer werden alle fünf Wochen entwurmt. Auf 50 Mutterschafe kommt ein Zuchtbock, der etwa 600 bis 800 Dollar kostet. Die Ablammraten liegen bei gut 130 %. Klauenpflege ist nicht erforderlich, die Mutterrassen sind klauengesund, robust und werden zudem scharf auf gute Muttereigenschaften selektiert, erzählen die Farmer. Ebenfalls wird keine Geburtshilfe geleistet. Mutterschafe werden etwa sechs bis acht Jahre alt.

In seiner eigenen Auktionshalle aus Holz versteigert Tom Atkins die auf seinem Betrieb aufgezogenen Zuchtbullen der Rassen Hereford und Murray Grey. Im September konnte er 140 Bullen an Milchviehbetriebe verkaufen. Die Käufer kommen aus ganz Neuseeland, schwerpunktmäßig aber von der Nordinsel. Die Bullen werden zu Beginn der Decksaison auf die Milchviehbetriebe verkauft. Die Murrey Grey-Bullen sind vorzugsweise bei Färsen im Einsatz, denn sie vererben kleinere Kälber. Die Bullen sollen leichtes Abkalben, niedrige Geburtsgewichte, gute Konstitution und Widerstandsfähigkeit vererben. Es wird ausschließlich neuseeländische Genetik eingesetzt.

 

Abbildung 3 In seiner eigenen Auktionshalle kann Atkins seine jungen Deckbullen der Rassen Hereford und Murray Grey selber versteigern.

Abbildung 3 In seiner eigenen Auktionshalle kann Atkins seine jungen Deckbullen der Rassen Hereford und Murray Grey selber versteigern.

Die Jungbullen mit Gras, Grassilage und Heu bis auf 750 kg gefüttert und sind beim Deckeinsatz knapp zwei Jahre alt. Bewusst werden sie im hängigen Gelände aufgezogen, damit sie sich sicher bewegen können. Atkins kauft etwa 200 Bullkälber aus passender Genetik und gut geführten Farmen zu und füttert sie dann bis zum Zuchteinsatz. Bevor sie verkauft werden, erhalten sie durch eine Zuchtorganisation die Zuchtbescheinigung. Ein Herefordbulle erzielt etwa 4.500, ein Murrey Grey 2.700 Dollar.
 
Abbildung 4 Hund und Farmer (r) sind zufrieden. Der Reiseleiter Gernot bläst zum Abmarsch.

Abbildung 4 Hund und Farmer (r) sind zufrieden. Der Reiseleiter Gernot bläst zum Abmarsch.

Einen anderen Weg beschreitet Tony Corr, der seine Farm in Omania (Rotorua, Region der heißen Quellen) in vierter Generation führt. Corr hält 1.200 Mutterschafe und etwa 1.600 Bullen der Rassen Jersey,  Friesian und Hereford. Die Bullen werden in der Saison als Deckbullen an Milchviehbetriebe vermietet (490 Dollar für Jungbullen, 690 Dollar für Zweijährige) statt verkauft. Mit 90 kg kauft der Farmer die Bullkälber vom Aufzüchter (400 bis 500 Dollar je Kalb) zu. Die Jungbullen sind mit etwa 400 kg Lebendgewicht bereit für ihren ersten Einsatz in der Kuhherde. Bevor sie zum Deckeinsatz die Farm verlassen, durchlaufen 10 % der Bullen (zufällig ausgesucht) einen Gesundheitscheck. Corr achtet darauf, dass seine Deckbullen nur auf Betriebe kommen, die frei von ansteckenden Rinderkrankheiten sind. Nach der Decksaison nimmt er die Bullen zurück. Sie werden entwurmt und vorsichtshalber separat von der übrigen Herde gehalten.

 

Auch diese Deckbullen werden ausschließlich auf Graspaddocks aufgezogen bzw. dort nach ihrem Einsatz bis zur Schlachtreife gehalten. Mittig steht ein Wassertrog. Alle zwei Tage werden die Tiere im Uhrzeigersinn umgeweidet. Im Herbst und Winter stehen die Tiere auf trittfesten Paddocks und werden zunächst zu- und dann nur noch mit Grassilageballen gefüttert. Die gesamte Silageernte macht ein Dienstleister. Die Flächen im Hochland werden ausschließlich von Corrs Schafen (Rasse Coopworth x Suffolk-Kreuzung) beweidet.

 

Abbildung 5 Farmer Corr und Reiseleiter Gernot unterwegs zum Scherschuppen.

Abbildung 5 Farmer Corr und Reiseleiter Gernot unterwegs zum Scherschuppen.

Corr und sein Mitarbeiter, ein Junglandwirt, der sich das Geld für den Kauf seiner elterlichen Farm erst auf Corr`s Farm verdienen will, beeindruckten uns mit der Vorstellung der Arbeitshunde im Einsatz. Je nach Pfeifton weiß jeder Hund, wann er treiben muss, die anderen verhalten sich dann ruhig.  Ein ausgesprochen reichhaltiger und leckerer Mittagsimbiss in der großzügigen Landhausküche rundeten den Vormittag ab. Draußen bot ein top gepflegter Landhausgarten viel Raum zur Entspannung und einen herrlichen Blick auf den See Rotorua.
 
Abbildung 6 Mitarbeiter James

Abbildung 6 Mitarbeiter James

 

Bilder und Text: Frau Kahnt-Ralle