Grundfutteruntersuchung - Probenahme ist Chefsache

Grundfutteruntersuchung - Probenahme ist Chefsache

Welche Sorgfalt erfordern Probenahme und weitere Behandlung von Futterproben? Schließlich bildet das Untersuchungsergebnis einer Futterprobe die Grundlage für die Rationsberechnungen. Auch müssen die Futterrationen den Bedürfnissen des Viehs in seiner jeweiligen Lebenssituation (Wachstum, Leistung, Trächtigkeit etc.) entsprechen. Nicht zuletzt die Bezeichnung Vieh verdeutlicht die besondere Bedeutung der Tiere für den Landwirt, denn Vieh leitet sich vom germanischen fehu ab, was Vieh oder Reichtum bedeutet.

Um festzustellen, was ein Silo, ein Mischwagen oder auch ein Futtertrog tatsächlich an Energie, Protein, Rohfaser und Nähr-, Mineral- und anderen Stoffen enthält, gibt es heute zahlreiche und sehr genaue analytische Möglichkeiten. Ganz gleich, welche angewandt wird, die erreichbare Qualität der Analyseergebnisse hängt außerordentlich von der Probenahme und der Behandlung der Probe bis zur Analyse ab.

Wissen ist die Basis für den Erfolg – auch in der Fütterung

Die Futterwertanalyse gibt Aufschluss über die Nährstoff- und Energiegehalte und bildet natürlich den Ausgangspunkt zur Beantwortung der Frage, wie ein Futtermittel am besten eingesetzt werden kann. Doch auch der beste Futterwert ist nutzlos, wenn das Tier das Futter nicht fressen mag oder wenn es gar durch den Verzehr des Futters krank wird. Hier sind weitere Informationen über das Futter notwendig.

Die Untersuchung der Gärqualität gibt Auskunft über den Siliererfolg und im weitesten Sinne auch über Geruch und Geschmack einer Silage, insbesondere bei sensorischer Beurteilung. Über das Gärsäuremuster lassen sich Aussagen zur vermutlichen Akzeptanz sowie zur Lagerstabilität der Silage ableiten, insbesondere in Verbindung mit einer gründlichen sensorischen Beurteilung. 
Mit steigendem TM-Gehalt nimmt die Menge der gebildeten Gärsäuren ab. Dagegen wächst mit abnehmendem TM-Gehalt die Gefahr von Fehlgärungen. Deshalb ist die Untersuchung der Gärqualität bis zu einem TM-Gehalt von etwa 50 % grundsätzlich zu empfehlen, darüber nur in besonders begründeten Einzelfällen. Eine Ausnahme bilden Silagen aus besonders leichtsilierbarem Futter wie Mais, bei denen in aller Regel nur gute und sehr gute Gärqualitäten vorkommen.

Auch die mikrobiologische Untersuchung zum Besatz an Hefen und Schimmel gibt Auskunft über die Lagerstabilität von Silagen und Heu sowie darüber hinaus über die hygienische Unbedenklichkeit des Futters. 
Die grundsätzliche Schädlichkeit von Schimmel sollte inzwischen allgemein bekannt sein. Ganz anders bei Hefen, die ja durchaus in der Fütterung eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich jedoch um spezielle Stämme, die zudem nur portionsweise dem Futter zugegeben werden. Bei den schädlichen Hefen in Silagen handelt es sich jedoch um milchsäureabbauende Arten, die zu Nacherwärmungen und damit zu Futterverlusten führen. Besonders oft tritt dieses Problem während der warmen Jahreszeit bei Maissilagen auf. Deshalb sollten Silagen mit erhöhtem Hefebesatz bevorzugt im Winterhalbjahr verfüttert werden. 
Hefen und Schimmel können an allen Futtermitteln auftreten, die weniger als 86 % TM aufweisen. Dementsprechend ist die mikrobiologische Untersuchung für alle Futtermittel mit weniger als 86 % TM zu empfehlen.

Abschließend ist noch die Untersuchung der Mineralstoff- und Nitratgehalte zu nennen, die insbesondere auf dem Grünland erheblichen Schwankungen von Jahr zu Jahr unterliegen können. Die Kenntnis dieser Gehalte hilft Unter- und Überversorgung der Tiere zu vermeiden und kann durch einen gezielten Einsatz von Mineralfutter direkt und indirekt zur Verbesserung des Betriebsergebnisses beitragen. 
Zu empfehlen ist bei Futter für Rindvieh die Untersuchung der Mineralstoffe Calcium, Phosphor, Kalium, Magnesium und Zink, bei solchem für Pferde die der Mineralstoffe Calcium, Phosphor, Kalium, Zink und Kupfer.


Die Probenahme beginnt bei der Futterbergung

Die Beprobung von Futtermitteln soll eine möglichst genaue Charakterisierung jeder Futterpartie ermöglichen, z.B. jedes Silos oder jeder Partie Silage- bzw. Heuballen. Nur bei völlig einheitlichem Erntegut ist auch die Beprobung der Futterkonserve problemlos. Wenn jedoch Erntegut von unterschiedlichen Sorten bzw. unterschiedlichen Pflanzenbeständen in einer Partie zusammengefasst konserviert wird, ist eine repräsentative Probenahme nur dann mit wenig Aufwand möglich, wenn bereits bei der Einlagerung Notizen über den Aufbau z.B. dieser Silagemiete angefertigt wurden. Nur dann ist es möglich mit relativ wenigen, gezielten Einstichen eine Mischprobe zu erhalten, die, um ein anschauliches Bild aus der Küche zu wählen, ebenso viele braune und helle Bestandteile enthält wie der gesamte beprobte Marmorkuchen.

Zum Zeitpunkt der Probenahme muss der Silierprozess beendet sein. Für stabile, gut durchgegorene Gras- und Maissilagen werden insgesamt mindestens 6 Wochen benötigt. Bei höheren TM-Gehalten, über 40 % bei Grassilage bzw. 35 % bei Maissilage, finden auch nach 6 Wochen noch immer Umsetzungsprozesse im Silo statt. So haben PÖTSCH und RESCH (2002) z.B. bei Grassilagen das Ende der pH-Wertabsenkung im Silo erst zwischen dem 80. und 120. Tag ermittelt. 
Grundsätzlich empfiehlt sich jedoch nach Beendigung des Silierprozesses ein möglichst früher Untersuchungstermin, um einerseits Klarheit über die Qualitäten der zur Verfügung stehenden Futtermittel zu haben und andererseits, um die einzelnen Futterpartien auch gezielt sowie ihren Eigenschaften entsprechend einsetzen zu können. Ohne eine rechtzeitige Beprobung kann es leicht geschehen, dass ausgerechnet die Futterpartien mit den höchsten Hefegehalten bzw. der höchsten Nacherwärmungsgefahr in der warmen Jahreszeit verfüttert werden müssen, weil kein anderes Futter mehr vorhanden ist.

Die größte mögliche Fehlerquelle in der Tierernährung ist die Probenahme für die Grundfutteranalyse. Legt man für Niedersachsen eine durchschnittliche Maissilagemenge von 520 t je Milchviehbetrieb zu Grunde, so ist eine Probe von 1 - 2 kg eine verschwindend geringe Menge. Die Probenahme erfordert daher äußerste Sorgfalt und ist deshalb unbedingt als Chefsache zu behandeln.
Für eine gewissenhafte Probenahme müssen erst einmal ein paar Fragen zu dem zu beprobenden Silo beantwortet werden, um Klarheit über den notwendigen Probenaufwand zu erhalten:

 

  • Ist das Siliergut, das in das Silo eingebracht wurde, von einheitlicher Qualität?
  • Herrschen im Silo einheitliche Silierbedingungen?
  • Herrschen bei der Entnahme geringe Ansprüche an die aerobe Stabilität der Silage? (z.B. Ballensilage, hoher Vorschub, geringe Umgebungstemperatur etc.)

 

Können alle Fragen mit Ja beantwortet werden, ist der Probenaufwand gering, sonst müssen entsprechend den Gegebenheiten mehrere Einzelproben untersucht werden. 
Liegt ein Silo mit einheitlichem Siliergut vor, das zudem einheitlichen Silierbedingungen unterlegen hat, so sollten an 3 - 5 Stellen über die Silolänge verteilt sowie aus der gesamten Futterstockhöhe Proben entnommen werden. Probenahmebedingte Beschädigungen der Silofolie müssen sofort luft- und wasserdicht verschlossen werden. 
Das Probenmaterial wird gut gemischt und anschließend in einen Folienbeutel gegeben (ca. 1000 g, gut pressen). Der Beutel muss luftdicht verschlossen und dauerhaft lesbar gekennzeichnet werden. Jede Probe muss zusammen mit einem Untersuchungsauftrag versandt werden; die Probenbezeichnung an der Probe muss mit der auf dem Analyseauftrag identisch sein.

Auch bei der Probenahme sollte ein Mindestmaß an Hygiene sichergestellt sein. Ebenso, wie Krankheitserreger durch Infusionsnadeln, Bisse u.ä. verbreitet werden können, können auch Schadkeime mit dem Probenahmegerät von einer Partie auf die nächste übertragen werden. Diese Gefahr lässt sich durch Abspülen des Probenahmegerätes mit reichlich frischem Wasser vor der Beprobung einer neuen Partie deutlich verringern. Ideal wäre es, wenn das Probenahmegerät nach dem Abspülen mit 70%igem Alkohol (Brennspiritus) abgewischt würde.


Ein Leben in Saus und Braus

Schadkeime sind sehr kleine Lebewesen mit einer ungeheuren Fähigkeit zur Vermehrung. Bereits bei einer Verdoppelung in einer Stunde, was für diese Lebewesen ein langer Zeitraum ist, können aus einem einzigen Schadkeim binnen 12 Stunden 4.096 und innerhalb eines Tages 16.777.216 Schadkeime entstanden sein. Im Silo herrschen aufgrund des durch die Gärsäuren bewirkten niedrigen pH-Wertes, des Sauerstoffabschlusses sowie u.U. der geringen Temperaturen ungünstige Lebensbedingungen für Schadkeime. Ganz anders verhält es sich dagegen im Probenbeutel, wo ein zuvor aufgelockertes Futter sowie zumindest vorübergehend ein entsprechend höherer Sauerstoffgehalt und eventuell auch noch Umgebungstemperaturen im Optimalbereich der Schadkeime vorliegen. Hier lässt es sich gut leben und fleißig vermehren, so dass mit zunehmender Transportdauer die Probe das beprobte Futtermittel immer weniger widerspiegelt. Dies betrifft sowohl die Futterwerteigenschaften als auch die Gärqualität und die hygienischen Eigenschaften. 
Es versteht sich daher von selbst, dass der Probentransport zum Labor so zu gestalten ist, dass die Probe möglichst wenige Veränderungen erfährt. Oberstes Gebot ist Schnelligkeit, d.h., Probenahme und -versand sollten grundsätzlich am Wochenbeginn erfolgen. Darüber hinaus gibt es noch weitere Maßnahmen, die jedoch z.T. auch von den beabsichtigten Untersuchungen abhängen:

  • Trocknen der Probe bei 60 - 80° C ist eine Option, wenn lediglich Futterwert, Mineralstoff- oder Nitratgehalt ermittelt werden sollen. Zu beachten ist allerdings, dass das Labor dann keine Aussage zu TM-Gehalt, Farbe und Geruch der Probe mehr machen kann. Diese müssten somit vom Versender der Probe ermittelt werden.
  • Tiefgefrieren der Probe ist bei allen Untersuchungen möglich, bei denen kein Besatz mit lebenden Organismen ermittelt werden soll (Futterwert, Mineralstoff- oder Nitratgehalt, Gärqualität). Eine wirksame Isolierung des Transportbehälters muss hier für eine möglichst langfristige Kühlung der Probe sorgen.

 

  • Kühlen der Probe auf eine Temperatur von 2 - 7° C ist bei der mikrobiologischen Untersuchung auf Hefen und Schimmel das Mittel der Wahl. Auch hier muss eine großzügige Isolierung des Transportbehälters für einen möglichst geringen Temperaturanstieg der Probe sorgen.


Analyseergebnisse umfassend nutzen

Erfahrene Landwirte nutzen die Untersuchungsergebnisse nicht nur für Rationsberechnungen, sondern werten sie auch zur innerbetrieblichen Qualitätssicherung aus. Auf diese Weise sind Rückschlüsse auf Pflanzenbestände, Produktions-, Ernte- und Siliertechnik möglich - entweder mit dem Ergebnis, dass die Futtererzeugung im vergangenen Jahr optimal erfolgte oder mit der Erkenntnis, in welchen Bereichen Verbesserungspotentiale bestehen. 
Die nachstehende Tabelle zeigt Ursachenfelder auf für das Zustandekommen einzelner Parameter der Grundfutterqualität. Es ist ersichtlich, dass häufig mehrere Ursachen in Betracht kommen. Im Zusammenspiel der Einzelursachen werden sich unter dem Strich jedoch Häufungen in einzelnen Bereichen ergeben. Je häufiger eine Ursache in Betracht kommt, umso intensiver sollte dieser Bereich nach Optimierungsmöglichkeiten durchforscht werden.

Ursachen für das Zustandekommen einzelner Parameter der Grundfutterqualität

 

Parameter Abweichung vom Zielwert mögliche Ursachen
TM-Gehalt + Mais: späte Ernte, frühreife Sorte, Trockenstress;
Gras: stark angewelkt
/ Mais: frühe Ernte, spätreife Sorte (geringer Kolbenansatz);
Gras: schwach angewelkt
Schmutzgehalt,
Aschegehalt
+ Erntetechnik (Tiefschnitt, Geräteeinstellung beim Wenden, Schwaden etc.), Siliertechnik (Schmutzeintrag z.B. über Reifen, Frontlader etc.), Grünlandpflege, Grünlandbestand (wenn zugleich hohe Mineralstoffgehalte)
Rohproteingehalt + frühe Ernte, hohes N-Düngungsniveau, kleereicher Bestand
/ späte Ernte, geringes N-Düngungsniveau, kleearmer Bestand
Rohfasergehalt + späte Ernte, (ungünstige Bestandszusammensetzung?)
Verschmutzung mit Torf (Moorböden)
/ frühe Ernte
Stärkegehalt frühe Ernte, spätreife oder stärkearme Sorte, Trockenschäden (geringer Kolbenansatz)
Energiegehalt + Hier stark überhöhter Energiegehalt:
Mais: extremer Hochschnitt
Gras: zu frühe Ernte
/ Erntetechnik (Schnitthöhe, Feldzeit, Schmutz etc.), Siliertechnik (Füllzeit, Verdichtung, Abdeckung etc.)
Mais: frühe Ernte, spätreife Sorte, Trockenschäden (geringer Kolbenansatz), extrem späte Ernte;
Gras: späte Ernte, ungünstiger Grünlandbestand
Pilzbesatz + späte Ernte, verpilztes Erntegut, hoher TM-Gehalt, Siliertechnik (Verdichtung, Abdeckung etc.), Entnahmetechnik (Auflockerung, Lufteinfluss, geringer Vorschub etc.)
Essigsäuregehalt + geringer TM-Gehalt, Siliertechnik (ungeeignetes Siliermittel, Verdichtung, Befülldauer, Abdeckung etc.)
Buttersäuregehalt + geringer TM-Gehalt, Grünlandbestand, Grünlandpflege, hohe organische Düngung zur falschen Zeit, Erntetechnik (Schmutz), Siliertechnik (Verdichtung, Abdeckung etc.)
Calciumgehalt + frühe Ernte, Grünlandbestand (geringer Gräseranteil)
/ späte Ernte
Kaliumgehalt + / – Düngungsintensität, insbesondere Rindergülle bzw. -jauche
Nitratgehalt + / – N-Düngungsintensität

 

Zusammenfassend
lässt sich feststellen, dass Futtermittelproben ein überlegtes Vorgehen sowie äußerste Sorgfalt erfordern und damit unbedingt Chefsache sind. Astronomische Genauigkeit ist jedoch ebenso übertrieben wie ein Probentransport nach dem Motto: „Beam it up, Scotty!“