Pflegemaßnahmen im Frühjahr

Pflegemaßnahmen im Frühjahr - jetzt nicht nachlässig werden!

 

Die Grünlandbewirtschaftung der vergangenen 3 Jahre erforderte oftmals starke Nerven. Die Dürresommer 2018 und 2019 ließen Futterreserven infolge geringer Erträge rapide schrumpfen. Die Narben selbst litten immens unter den ausgebliebenen Niederschlägen. Obendrein wurden einige Regionen im nördlichen Niedersachsen von Spätsommer 2019 bis Frühjahr 2020 massiv von Mäusen und Tipula-Larven heimgesucht. Verglichen mit diesem langwierigen Ausnahmezustand mögen sich viele Landwirte mit der aktuellen Situation auf ihrem Grünland zufrieden schätzen. Hier sollte jedoch ein wachsames Auge bewahrt und nicht vorschnell in Nachlässigkeit verfallen werden.

Die Niederschläge seit Juni 2020 haben in den meisten Regionen augenscheinlich zu einer weitgehenden Regeneration der Grünlandnarben geführt. In Teilen mag dies auch tatsächlich der Fall sein. Oft gilt jedoch, dass es sich längst nicht bei Allem, was grün erwächst, auch um wertvolle Futterpflanzen handelt. Unter den extremen Dürreereignissen der Vorjahre litten vor allem intensive Gräserarten, wie z. B. das Deutsche Weidelgras. Insbesondere auf leichten Sandstandorten hat sich dessen Anteil in der Fläche infolge der Trockenheit stark zurückgebildet. Wenn diese gewünschten Pflanzen nur noch wenig vorhanden sind, können sie sich auch nach Eintreten ausreichend feuchter Bodenverhältnisse nur schwierig wieder verbreiten. Die Oberhand haben nicht selten andere Pflanzen gewonnen, welche sich als deutlich Trockenstress-verträglicher zeigten. Dazu zählen z. B. Knaulgras, Löwenzahn, Kamille oder Storchschnabel. Daher sollten die eigenen Bestände aufmerksam auf ihre aktuell vertretenen Arten kontrolliert werden, um das Erfordernis von Pflege- und Nachsaatintensität einschätzen zu können.

Denn einige Voraussetzungen für eine gute Silage werden weit im Vorfeld der Ernte geschaffen und lassen sich nicht immer kurzfristig korrigieren. Dazu zählen vor allem die Pflege des Bestandes und die Artenzusammensetzung. Für eine erfolgreiche Vergärung des Futters braucht es ausreichend Zucker, damit dieser von den Bakterien zu Milch- und Essigsäure umgesetzt werden kann. Der Gehalt an Zuckerverbindungen lässt sich durch den Schnittzeitpunkt bedingt beeinflussen. Viel bedeutsamer ist jedoch der natürliche Zuckergehalt in den Futterpflanzen. Hier gibt es grundsätzliche Unterschiede. So geht aus Tabelle 1 hervor, dass der Zuckergehalt zwischen den Grasarten bereits um 100 g/kg TM schwanken kann. Innerhalb der Leguminosen zeichnet sich der Rotklee durch höhere Zuckergehalte im Vergleich zur Luzerne aus. Doch Zucker allein ist für die Silierfähigkeit nicht das alleinige Maß. Von Bedeutung ist auch der Anteil puffernd wirkender Substanzen und damit der Z/PK-Quotient.

 
 

Tab. 1: Vergärbarkeitsindikatoren verschiedener Ausgangsmaterialien (verändert nach WEIßBACH et al. 1975, KNABE et al. 1986, WEIßBACH 1993; THAYSEN 2010)

 

 

Futtermittel

TM in %

Zucker in g/kg TM

Pufferkapazität in g/kg TM

Z/PK-Quotient

Silomais (Milchreife)

22

230

35

6,6

Silomais (Teigreife)

30

110

32

3,4

Weidelgräser (1. Schnitt, frisch)

20

190

55

3,5

Weidelgräser (1. Schnitt, angewelkt)

35

190

55

3,5

Sonstige Gräser (1. Schnitt, frisch)

20

90

55

1,7

Sonstige Gräser (1. Schnitt, angewelkt)

35

90

55

1,7

Rotklee (frisch)

20

115

69

1,7

Rotklee (angewelkt)

35

115

69

1,7

Luzerne (frisch)

20

65

79

0,8

Luzerne (angewelkt)

35

65

79

0,8

Grünroggen

16

135

56

2,4

GPS Winterweizen

38

90

25

3,6

GPS Wintergerste

40

70

20

3,5

 

Der Z/PK-Quotient zeigt das Säuerungspotential auf, indem Zucker (g/kg TM) und Pufferkapazität (Milchsäure in g/kg TM, die für eine Absenkung des pH-Wertes auf 4,0 benötigt wird) gegenübergestellt werden. Siliergut mit einem Z/PK-Quotienten von unter 2,0 gilt als schwerer vergärbar. Weidelgräser sind daher besonders gut für die intensive Schnittnutzung geeignet.

Diese Erkenntnis ist von zentraler Bedeutung für die Pflegemaßnahmen im Frühjahr. Es kann nur geerntet und später gefüttert werden, Was auch vorher auf der Fläche gewachsen ist. Minderwertige Gräser und Kräuter, wie z. B. die gemeine Rispe, Quecke oder wolliges Honiggras, können zudem ein trügerisch positives Bild einer lückenlosen Narbe vermitteln. Ziel muss sein, die gewünschten Pflanzenarten als Hauptbestandesbildner zu etablieren. Im Sinne des integrierten Pflanzenschutzes sollte die chemische Bekämpfung unerwünschter Pflanzen dabei aber die letzte aller Maßnahmen sein. Anbautechnische Verfahren, wie z. B. die Nachsaat weidelgrasbetonter Mischungen, lassen sich gut mit anderen Pflegemaßnahmen im Frühjahr kombinieren.

Klassische Wiesenschleppen sind in der praktischen Anwendung weitestgehend modernen Striegel-Nachsaat-Kombinationen gewichen. Ihre Grundfunktion, nämlich das Einebnen von Maulwurfshügeln, wird dort von einem Crossboard übernommen.  Dadurch werden nicht nur Unebenheiten beseitigt, sondern primär wird späteren Schmutzeinträgen ins Futter von vornherein vorgebeugt. Die nachfolgenden Striegelzinken bereiten der Nachsaat eine geeignete Oberfläche. Der Anteil des ertragreichen und konkurrenzstarken Deutschen Weidelgrases sollte zur Bestandesaufwertung mindestens 50 % in der Saatmischung betragen. Die Aussaatstärke sollte bei mehrmaligen Übersaaten mindestens 10 kg/ha und bei Direktsaaten 15 bis 20 kg/ha betragen, damit deutliche Erfolge durch die Nachsaat erzielt werden. Ein anschließender Arbeitsgang mit einer Glattwalze wirkt sich positiv auf den Aufgang aus. Zudem werden Unebenheiten weiter vermindert und erhalten die Wurzeln aufgefrorener Grasnarben einen verbesserten Bodenschluss. Walzarbeiten empfehlen sich jedoch nur bei einem angemessenen, mittlerem Bodenfeuchtegehalt. Damit gemeint ist, dass sich einerseits das Relief trockener Böden kaum formen lässt und andererseits auf wassergesättigten Böden die Narbe eher beschädigt als gefördert wird. Sollten einzelne Teilflächen nicht befahrbar sein, empfiehlt es sich diese auszusparen, statt die Pflegemaßnahmen auf der Gesamtfläche zu unterlassen.

Karsten Bommelmann, AG FUKO